Keratitis Pferd

Keratitis Pferd

Chirurgische Therapie der Hornhautentzündung (Keratitis)

Erkrankungen der Hornhaut (Keratitis, K.) bei Pferden haben eine sehr variable Ätiologie.

Seit einigen Jahren gibt es ein steigendes Interesse bei den Veterinärophthalmologen an den primären nicht ulzerativen entzündlichen Hornhauterkrankungen. Besonders die Erkrankungen, bei denen die Ätiologie auf einer Entgleisung der Immunkompetenz der Hornhaut zu beruhen scheint, haben vermeintlich stark zugenommen. Die relative Zunahme dieser bei den Equiden einzigartigen Form der Keratitis spiegelt aber wahrscheinlich nur das wachsende Interesse an der Pferdeophthalmologie im Allgemeinen wieder. Im anglo-amerikanischen Sprachgebrauch hat sich der Begriff IMMK (Immunmedierte Keratitis) herauskristallisiert, um die heterogene Gruppe der primär nicht ulzerativen Keratitiden mit mutmasslich immunbedingter Entzündung der Hornhaut zu definieren.

In der Regel ist der Nachweis einer bakteriellen Infektion negativ, eine Laboruntersuchung (PCR) auf das Vorhandensein viraler DNA (EHV2/EHV5) ist aber häufig positiv. Auch wenn die Rolle einer Virusinfektion noch umstritten ist (Todt, 2010) , haben Untersuchungen gezeigt, das bei fast 90% der Augen mit einer IMMK-Symptomatik, bei denen eine Keratektomie vorgenommen wurde, equine Herpes-DNA in den äusseren oder tieferen Schichten der Hornhaut nachgewiesen werden konnte (Neumann, 2009).

Die verschiedenen Verlaufsformen der IMMK unterschieden sich hauptsächlich in der Tiefe der Hornhautläsionen (epithelial, oberflächliches Stroma, mittleres Stroma, Endothel) und der Art der zellulären Infiltration.

Die Behandlung der verschiedenen Formen der IMMK sollte unter strenger Indikationsstellung, unter regelmässiger tierärztlicher Kontrolle und in Abhängigkeit vom Stadium der Erkrankung erfolgen.

Liegt bei der Augenuntersuchung eines erkrankten Pferdes bereits eine Veränderung der Hornhaut mit vermuteter IMMK oder typischen Veränderungen im Sinne eines fortgeschrittenen Stadiums der Keratitis vor, so kann das Hinauszögern einer chirurgischen Therapie (Keratektomie) bleibende Schäden oder gar den Verlust eines Auges bedeuten.

Basierend auf den wenig positiven langfristigen Erfahrungen der vergangenen Jahre mit dem medikamentellen Management einer IMMK in den verschiedenen Stadien, sind wir schon vor einigen Jahren dazu übergegangen, im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung eine chirurgische Lösung (Keratektomie) zu empfehlen. Bei entsprechendem Befund kann zwar initial auch noch eine Abrasio corneae in Verbindung mit einer medikamentellen Therapie über einen Zeitraum von 8 Tagen unter stationärer Kontrolle versucht werden, aber eine nachhaltige Therapie, die auch hinsichtlich eines zeitlich absehbaren und wahrscheinlich rezidivfreien Verlaufs erfolgsversprechend ist, ist offensichtlich nur mit einer entsprechend der Tiefe der betroffenen Hornhautschichten invasiv durchgeführten Keratektomie zu erreichen, weil durch die Keratektomie offensichtlich nahezu alle autoantigenen Komponenten, welche die Entzündung auslösen/unterhalten aus der Hornhaut entfernt werden. Die Vorteile der Keratektomie sind mannigfaltig und vor allem darin zu sehen, dass der akute, bzw. chronische Krankheitsverlauf abrupt unterbrochen wird, das Heilungsverhalten der Hornhaut auch bei fortgeschrittenen Fällen nach einer Entfernung der krankhaft veränderten Hornhautschichten drastisch besser ist, nach einer kurzen Phase postoperativ (3-5 Tage) eine deutliche Verbesserung des Allgemeinbefindens des Patienten einsetzt, und in den meisten Fällen nach wenigen Wochen (durchschnittlich 4 – 5 Wochen) ein reizloses, schmerzfreies  Auge vorhanden ist und langfristig in nahezu allen Fällen Rezidivfreiheit erreicht werden kann (Matthews und Gilger, 2009). Das impliziert auch für den Pferde-besitzer den erfreulichen Aspekt, dass nach teilweise ausgedehnten Perioden einer Salben-Dauertherapie (bis zu 2 Jahre), eine behandlungsfreie Zeit anbricht, in der mit einer vollständigen Restitution des Pferdes auch im Hinblick auf sportliche Aktivitäten gerechnet werden kann. Auch wenn in Zukunft mit Recht Fortschritte der medikamentellen Therapiemöglichkeiten durch die intensive Forschung auf dem Gebiet der IMMK zu erwarten sind, erscheint bis auf weiteres die chirurgische Lösung in den genannten Fällen die zu empfehlende Variante zu sein.

 

Dr. Willy Neumann, Fachtierarzt für Chirurgie – Augenheilkunde Diplomate ECVO, European Veterinary Specialist in Ophthalmology Member of International Equine Ophthalmology Consortium (IEOC) wn@vetmed.de